Katherina Reiche (CDU), Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, ist der Zubau erneuerbarer Energien zu schnell. Dies hatte sie bereits in ihrer Antrittsrede am 7. Mai klargestellt, als sie sagte, dass erneuerbare Energien eine Industrienation wie Deutschland nicht zuverlässig und zu bezahlbaren Preisen mit Energie versorgen könnten.
Auf dem Tag der Industrie des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) am 24. Juni legte Reiche nach und bezeichnete den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland als »völlig überzogen«. Die Energiekosten seien zu hoch, weil man den Ausbau von erneuerbaren Energien so in den Fokus gestellt habe, sagte Reiche auf der BDI-Veranstaltung. »Von mir werden Sie den Satz nicht hören, der ist ja so bekloppt wie simpel, dass die Sonne keine Rechnung schickt. Sowas kann man sich wirklich nur ausdenken, wenn man von Energie nichts versteht.«
Der Zubau von erneuerbaren Energien habe zu massivem Netzausbau geführt. »Und das äußert sich in Netzentgelten, die auf ein völlig unrealistisches und völlig überzogenes Erneuerbare-Ziel ausgesteuert ist«, so Reiche. Künftig solle sich der Zubau an erneuerbaren Energien am Netzausbau orientieren »und nicht umgekehrt«. Bei den Netzkosten will Reiche die Profiteure des »Erneuerbare-Systems« in die Pflicht nehmen, zum Beispiel über Baukostenzuschüsse. »Das wird den Business Case noch mal nach unten bringen. Aber es hilft nichts, ich kann nicht nur profitieren zu Lasten von Industrie und Verbrauchern. Das wird sich ändern müssen«, so Reiche mit Bezug auf die Erneuerbaren-Branche.
Reiche setzt stattdessen auf neue Gaskraftwerke im Umfang von bis zu 20 Gigawatt, wie es bereits im Koalitionsvertrag steht. Dies hat, wie sie auf dem BDI-Tag ausführt, Konsequenzen. Zum einen: »Ohne CCS (Carbon Capture and Storage, Anm. d. Red.) wird es nicht gehen. Wenn wir auf dem Gaspfad sind, dann braucht’s CCS um das Thema Klimaneutralität voranzubringen.« Zum anderen werde man »schwer kompensieren können, das Gas perspektivisch teurer bleiben wird, weil wir auf LNG (Liquid Natural Gas, Flüssigerdgas, Anm. d. Red.) setzen.« Dies werde auch »Part of the Deal mit Amerika« sein.
Sven Giegold, stellvertretender Parteivorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, hat Reiches Rede auf seiner Website analysiert und kommt zu dem Schluss, dass »Reiche gezielt dem Koalitionsvertrag widerspricht«. Dort hatten sich Union und SPD noch darauf geeinigt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter vorangetrieben werden soll. Reiches Prioritätensetzung sei nicht nur ambitionslos, sondern habe das Potenzial, die Energiewende in Deutschland als solche abzuwürgen.
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